Es ist Zeit für den #nähbuchDienstag März! Zur Auswahl standen diesmal „Ausbessern & Verschönern“ von Denise Wild und die drei Bücher von Gertie Hirsch. Das Instagram-Umfrage-Ergebnis war eindeutig: Gertie soll es sein! Wer mir schon länger folgt, weiß: Ich bin ein riesiger Gertie Hirsch-Fan. Ich mag ihren Style und ihre Schnitte, und deswegen habe ich auch alle ihr Bücher. Ein guter Grund also, um die drei Titel mal miteinander zu vergleichen. Ich habe die Bücher in umgekehrter Reihenfolge angeschafft: zuerst ihr letztes Buch „Gertie’s Ultimate Dress Book“, dann das mittlere „Gertie Sews Vintage Casual“ und zuletzt das erste Buch „Rockabella“, das leider auch das einzige ist, das auf deutsch erschienen ist*. Die Titel sind alle ähnlich, bieten aber dennoch jeweils einen ganz eigenen Schwerpunkt.
Aber der Reihe nach: Alle Gertie-Bücher sind Ringbücher mit festem Einband, die Schnittmuster befinden sich in einem kleinen Paket am Ende des Buchs. Mir gefällt das mit dem Ringbuch ganz gut, denn es erlaubt einem, während der Arbeit das Buch flach neben sich zu legen, ohne dass es sich wieder von alleine zuschlägt. Die Optik aller Titel ist auch ähnlich: Tolle Fotos von Gertie (oder ihren Freundinnen) in den Modellen, vintage-inspirierte Illustrationen und klare Zeichnungen für die Nähtechniken. Alle Bücher sind in derselben Struktur aufgebaut: Zunächst erfolgt ein Grundlagen-Teil („Skills“ in den englischen Büchern), dann ein Projekt-Teil („Wardrobe“) mit den Schnittmustern.
Der Grundlagen-Teil ist in allen drei Titeln fast identisch, mit ein paar kleineren Abweichungen. In jedem Buch geht es kurz um Näh-Vorbereitungen, sprich Nähzubehör, Maschine, Stoffkunde etc. (immer ein Teil, den es eigentlich nicht bräuchte, finde ich, aber er ist erfreulicherweise auch überall kurz gehalten). Dann gibt es in allen Büchern ein Kapitel zu Schnittmusteranpassungen und -änderungen. Besonders gut hat mir hier der Teil in „Gertie Sews Vintage Casual“ gefallen, er enthält nämlich eine sehr detaillierte Anleitung zur Passform-Optimierung von Hosen.
Weiter geht es mit ausführlichen Beschreibungen zu Nähtechniken, wie Handstiche, Versäubern von Nahtzugaben, Knopflöcher, Säume etc. Während die Grundtechniken in allen Büchern gleich sind, bietet jeder Titel hier jeweils eine Besonderheit: In „Rockabella“ bekommt man einen guten Einblick in Techniken aus der Massschneiderei oder dem Vintage-Nähen, z.B. dem Verstärken oder Pikieren von Revers.
„Gertie Sews Vintage Casual“ fokussiert auf Techniken für Maschenware (dehnbare Stoffe), außerdem finden sich Infos zum Overlocken allgemein, zum Einsetzen von Taschen, dem Hinzufügen von „Verzierungen“ (z.B. Paspelband) und ein guter Teil über die unterschiedlichen Maschinenstiche. Den ausführlichsten Technikteil (und auch den, der mir am besten gefallen hat) bietet „Gertie’s Ultimate Dress Book“. Es gibt hier unterschiedliche Kapitel, nämlich „Basic Dress Construction“, „Finishing Details“, „Giving the Dress Structure“ und „Techniques for Special Fabrics“. Die Grundlagen aus den anderen beiden Büchern findet man in „Finishing Details“. „Basic Dress Construction“ gibt eine allgemeine Anleitung, in welcher Reihenfolge welche Nähschritte bei Kleidern erfolgen können/sollten, bei „Giving the Dress Structure“ geht es um Themen wie Einlagen, aber auch Korsettstäbchen oder Rosshaar-Verarbeitung im Saum. „Techniques for Special Fabrics“ bietet Tipps und Tricks rund um das Nähen mit Seide, Spitze und Co. Ein Rundumschlag also.
Für die Zahlen-Fans unter Euch: Der Grundlagen-Teil in „Rockabella“ umfasst 116 Seiten, der in „Gerte Sews Vintage Casual“ 138 Seiten und bei „Gertie’s Ultimate Dress Book“ sind es 117 Seiten. Für den Technik-Teil lohnt es sich aufgrund des ähnlichen Aufbaus aus meiner Sicht nicht unbedingt, alle drei Bücher anzuschaffen. Werfen wir deswegen einen Blick auf die Projekte, denn hier unterscheiden sich die Titel erheblich.
Los geht’s mit Gertie’s erstem Buch, „Rockabella“. Dieser Titel ist derjenige, der am meisten „vintage“ ist. Gertie hat originale Vintage-Schnitte aus der Vogue genommen und diese etwas moderner interpretiert. Auf 75 Seiten gibt es 15 Projekte mit Variationsmöglichkeiten: Bleistiftrock, Shirtbluse, Etui-Kleid, Glockenrock, Schluppenbluse, Sweatheart-Kleid, Bleistiftkleid, Hemdblusenkleid, Kostümjacke und Mantelkleid. Sehr schöne Modelle, aber für mich ist die Silhouette teilweise zu „vintage“ – oder vielleicht einfach nur ungewohnt. Den Glockenrock finde ich aber richtig gut, ich denke, den werde ich mir mal vornehmen.


„Gertie Sews Vintage Casual“ widmet sich der Mode, die in den 40iger und 50igern modern wurde: dem Sportstyle. Das war die Zeit, in der Frauen begannen, Hosen zu tragen, und Bequemlichkeit in der Mode ein Thema wurde.
Die Schnitte aus dem Buch sind dementsprechend etwas lässiger als die in „Rockabella“, und es wird auch viel mit dehnbaren Materialien gearbeitet (z.B. Jersey). Der Projektteil umfasst 87 Seiten, und auch hier gibt es wieder 10 Grundmodelle mit zahlreichen Variationsmöglichkeiten (man kommt auf 34 Schnitte insgesamt). In der Verarbeitung sind die Schnitte einfacher als die in „Rockabella“, also eher auch für Anfänger geeignet. Die Schnitte umfassen eine 40iger-style Bluse, einen A-Linien-Rock, ein Sweatheart-Top, eine Zigarettenhose, einen Bleistiftrock, einen Pin-Up Pullover, ein Shift Dress, ein Wickelkleid, ein „Zip-Front“ Dress und ein Halter-Top. Mir gefallen alle Modelle sehr gut, sie sind für mich alle sehr tragbar. Besonders angetan hat es mir der Bleistiftrock aus Stretch-Stoff, da habe ich auch schon einen Stoff im Auge.

Auch bei „Gertie’s Ultimate Dress Book“ spielen Schnittvariationen eine große Rolle, allerdings in einem etwas anderen Konzept.
Während „Rockabella“ und „Gertie Sews Vintage Casual“ Grundschnitte mit Variationsmöglichkeiten enthalten, bietet „Gertie‘s Ultimate Dress Book“ ein Baukasten-System. Die Schnittmuster umfassen 7 Oberteil-Schnitte, 6 Rock-Schnitte, 5 Ärmel-Varianten, 1 Peplum, 2 Kragen-Schnitte, 1 Schnitt für Manschetten und 1 Schnitt für Taschen. Alle diese Schnittteile sind miteinander kombinierbar, man kann sich also sein eigenes Kleid „entwerfen“. Auf 95 Seiten zeigt Gertie 23 Kleid-Varianten zur Inspiration, so kann man einen Eindruck über die Schnittführungen bekommen. Ein Kleid aus dem Buch habe ich bereits genäht, und zwar das Hot Pink Crepe Dress – das Bild aus dem Buch seht ihr unten, meine ebenfalls pinkfarbene Variante könnt ihr Euch hier ansehen.



„Gertie‘s Ultimate Dress Book“ bietet also keine Schnitte für jeden Tag, aber wer etwas besonders nähen möchte, findet hier garantiert einen tollen Schnitt. Ihr seht also, jedes Buch hat seine Vorteile – und welches einem am besten gefällt, hängt sicherlich sehr stark vom eigenen Stil ab.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass Gertie’s Grundschnitt am besten für „Birnen-Figuren“ funktioniert: Während ich normalerweise immer zwischen zwei Größen in Taille und Hüfte kombinieren muss, ist das für mich bei Gertie‘s Schnitten nicht nötig. Allerdings sind die Schnitte auch für eine etwas größere Oberweite ausgelegt. Wer, wie ich, oben eher schmal ist, wird Änderungen vornehmen müssen. Ich fand das aber nicht so schwer, mir passen die Schnitte trotzdem gut. Kommen wir zum Flying Needle-Nähblog-Fazit bzw. den Eckdaten der Büchern:
Titel: Gertie’s Ultimate Dress Book von Gertie Hirsch
Ausstattung: 236 Seiten, Ringbuch mit Hardcover
Preis: 18,99€
Verlag: Gertie’s Sewing
Erhältlich: leider nur auf Englisch, bestellbar im lokalen Buchhandel oder bei Amazon
Titel: Gertie’s Sews Vintage Casual von Gertie Hirsch
Ausstattung: 224 Seiten, Ringbuch mit Hardcover
Verlag: Gertie’s Sewing
Preis: 18,99€
Erhältlich: leider nur auf Englisch, bestellbar im lokalen Buchhandel oder bei Amazon
Titel: Rockabella von Gertie Hirsch
Ausstattung: 220 Seiten, Ringbuch mit Hardcover
Verlag: auf deutsch erschienen bei Edition Michael Fischer
Preis: 29,99€
Erhältlich: bestellbaren im lokalen Buchhandel oder bei Amazon, oder direkt beim Verlag
Mein Favorit unter Gertie’s drei Büchern ist eindeutig das „Ultimate Dress Book“ – hier gefällt mir eigentlich jedes Kleid, und auch wenn ich wenig Gelegenheit habe, so aufwändige Kleider zu tragen, macht das Nähen doch großen Spaß, und ich lerne immer wieder was dazu. Was ist mit Euch? Welches ist Euer Lieblings-Gertie-Buch? Und welche Erfahrung habt ihr mit den Schnitten daraus gemacht?
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* Rockabella wurde mir als kostenloses Rezensions-Exemplar von der Edition Michael Fischer zur Verfügung gestellt; alle hier dargestellten Meinungen sind jedoch ausschließlich meine eigenen
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Ich habe das Rockabella-Buch und finde es sehr inspirierend. Die ganzen Verarbeitungstipps sind sehr interessant. Ich liebäugle auch mit den anderen beiden Büchern. Deswegen finde ich Deinen Blogpost dazu sehr interessant. Genäht habe ich aus meinem Buch bis jetzt nur die einfache Shirtbluse. Die war mir etwas zu sackig geraten. Aber in die Verarbeitungsbeschreibungen gucke ich immer wieder rein. Vielen Dank für die ausführliche Rezension! Übrigens, dein pinkes Kleid ist total schön! LG Griselda